Monday, May 28, 2012

Process: Tischlein, Deck Dich für Alle: Page 12


 

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Wenn irgend ein Platz des ausgedehnten Gemeinwesens Bedarf hatte für irgend eines der Erzeugnisse, sandte er auf irgend einem der hier üblichen unglaublich raschen telegraphischen, telephonischen und optischen Wege eine Anweisung hierher, die freiwilligen Arbeiterbataillone verluden das Verlangte, die freiwilligen Eisenbahner, Schiffer, Kraftfahrzeugsführer usw. brachten es an Ort (seite 12) und Stelle, wo es in gleicher Weise übernommen und in die lokalen Lagerhäuser zum Gebrauche hinterlegt wurde.
Was die Arbeiten so flott, sicher und mit Vermeidung alles unnötigen Lärmes von Statten gehen ließ war der Umstand, daß ede Arbeit nur von solchen Leuten ausgeführt wurde, die sich freiwillig dazu gemeldet hatten.
Ieder ergriff das Fach, das seinem physischen und geistigen Können sowie seiner Neigung vollkommen entsprach, wozu er sich freiwillig meldete, und darum war auch jeder mit seinem besten Wissen und besten Willen tätig.
Dieses System der freiwilligen Berufswahl war auf alle Zweige der praktischen Tätigkeit ausgedehnt und angewendet.
Es gab Bataillone manueller Arbeiter, Ingenieurbataillone, Bergbaubataillone, Seefahrerbataillone, Künstlerbataillone und so fort, keiner war dem anderen übergeordnet, jeder dem anderen nebengeordnet, und kein Fach blieb darum unbesetz, für jeden Berufszweig fanden sich freiwillig so viele Leute, als dafür notwendig waren.
Ganz von selbst, ohne jeden Zwang erfolgte der Ausgleich in den einzelnen Bataillonen.
Hatte einer in seinem ursprünglichen Fache sein Bestes geleistet, dann ging er in ein anderes Fach über, das seiner Liebhaberei und seinem Können in gleicher Weise entsprach, der Ingenieur, der in geistiger Arbeit eine Sache erdacht hatte, wurde ein ebenso guter Arbeiter, wenn er bei der Ausführung den Geist ruhen und in körperlicher Tätigkeit Abwechslung und damit Erholung zu neuer Geistesarbeit finden konnte, keine Arbeit galt als Hohn, keine als niedriger, Kasten, wie sie unsere sogennante Gesellschaftsordnung kennt, gab es nicht.
Unter solchen Umständen mußte jede Tätigkeit selbstverständlich den höchsten Grad der Vollkommenheit erreichen, Natürlichkeit und Selbstverständlichkeit müssen ja in eines verschmelzen, wenn nicht Kastengeist und „Gesellschaftsordnung“ hemmend in das Getriebe eingreifen.
So verging die Arbeit angenehm wie im Spiel und mit jenem Vergnügen und der inneren Befriedigung, die nur das vollkommen Naturgemäße hervorbringen kann, folgte ich dem Treiben und genoß den natürlichen du künstlerischen Reiz des Hervorgebrachten.
Dann brachte mich meine Führerin in die Gemeinde zurück, von der aus wir unsere Fahrt angetreten hatten.
Auf meine Bitte erläuterte sie mir dann hier die inneren Einrichtungen des Gemeinwesens.

Ueber das, was wir Verfassung und Verwaltung nennen.

Meine naive Frage, wo denn das Oberhaupt des Gemeinwesens, der König, Kaiser oder Präsident seinen Siß have, wie es mit der Staatsmaschinerie, der Beamtenschaft usw. bestellt sei, mußte meine Führerin wohlwollend und nachsichtig lächeln.

 

Angerbauer, Joseph. Tischlein, Deck Dich Für Alle! Eine Betrachtung. West Norwood: Selbstverlag, 1908.

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